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2. April 2014 - Zu groß oder zu teuer

Von Christoph Springer

Über 20 Millionen Euro teurer, eine mehr als zwei Jahre längere Bauzeit als geplant und nun fährt gerade mal die Hälfte der bei der Planung avisierten Autos über die Waldschlößchenbrücke. Dresdens berühmte neue Elbquerung hat das Zeug fürs Guinnessbuch der Misserfolge. Die Aberkennung des Welterbetitels ist da noch gar nicht mitgerechnet, schließlich gibt es auch Dresdner, die genau dies für einen Gewinn halten. Oder die das zumindest kaum schmerzt.

Rund 2000 Radfahrer nutzen pro Tag die neue Brücke. Wenigstens das ist ein Erfolg, gleichzeitig ist die Radfahrerzahl auf der Albertbrücke um etwa diesen Wert gesunken. Doch beim Autoverkehr ist noch viel Luft nach oben. „Das pegelt sich mit Sicherheit in einigen Monaten noch ein“, mutmaßte Reinhard Koettnitz, der Leiter des Straßen- und Tiefbauamtes, in der Woche nach der Eröffnung. Inzwischen lässt die Stadt mit Blick auf die aktuelle Verkehrsbelastung stets wissen: Die Prognosezahlen gelten für das Jahr 2025, erst dann sollen täglich 45 500 Fahrzeuge die Brücke nutzen. Dass die aktuellen Zahlen davon noch meilenweit entfernt sind, lässt die Verantwortlichen kalt. Schließlich sind es bis zum Prognosedatum noch mehr als zehn Jahre.

Im Vergleich zur Dresdner Elbbrücke hat die Bahn bei ihrer Tunnelprognose für Leipzig (fast) ins Schwarze getroffen. Rund 3,5 Millionen Fahrgäste seien in den ersten 100 Tagen mit den Zügen im Citytunnel gefahren, ließ das Unternehmen am Dienstagabend wissen. Das sind täglich im Schnitt „nur“ 1800 weniger als vor dem Bau des Tunnels prognostiziert wurden. Knackpunkt bei dem Leipziger Bauprojekt sind die Kosten. Sie erreichten fast die Milliardengrenze. Wo immer in Sachsen in den vergangenen Jahren mit Zuschüssen für Nahverkehrsprojekte gerechnet wurde, galt der Leipziger Citytunnel unter der Hand als Hauptproblem, wenn der Geldstrom vom Land spärlicher floss als erwartet.

Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Citytunnel im Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes auftaucht – 2013 war es schließlich so weit. „Der Bund der Steuerzahler hatte im Fall des Leipziger City-Tunnels bereits im Schwarzbuch 2007 an der Notwendigkeit dieses Bauprojekts gezweifelt“, heißt es in dem Text zu dem Leipziger Prestigeprojekt. Schon damals habe der Steuerzahlerbund vor einer möglichen Kostenexplosion gewarnt. „Damals ging man allerdings von einer Steigerung von bis zu 58 Millionen Euro aus. Nun sind es 389 Millionen Euro mehr geworden. Eine derartige Überschreitung der Baukosten hat mit sorgfältiger Vorbereitung und Bauplanung nichts zu tun.“ Abzuwarten bleibe, ob die Auslastung des Tunnels solch ein Bauprojekt rechtfertigt, so die Verantwortlichen weiter. Anders als bei der Waldschlößchenbrücke in Dresden gibt es diesbezüglich kaum Grund für Kritik an dem Eisenbahntunnel, der den Leipziger Kopfbahnhof wenigstens unterirdisch zu einem Durchgangsbahnhof macht.

Waldschlößchenbrücke

Kosten: geplant 157 Millionen Euro – tatsächlich 180,6 Millionen Euro – Überschreitung absolut 23,6 Millionen Euro – Überschreitung in Prozent 13 Prozent

Bauzeit: geplant November 2007 bis Juni 2011 (3 Jahre und 8 Monate) – tatsächlich November 2007 bis August 2013 (5 Jahre und 10 Monate) – Überschreitung absolut 2 Jahre und 2 Monate – Überschreitung in Prozent 59,1 Prozent

Nutzung: prognostizierte Nutzung 45 500 Autos pro Tag (2025) – aktuelle Nutzung 25 000 pro Tag (Ende 2013) – Unterschreitung absolut 20 500 pro Tag – Unterschreitung in Prozent 45 Prozent

Dresdner Neueste Nachrichten, 27. März 2014