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24. Dezember 2004 – Schlechte Luft an der Fetscherstraße

Waldschlößchenbrücke. Das Herzzentrum könnte gegen die Luftbelastung klagen.

Von Katja Solbrig (Sächsische Zeitung)

Die im Zuge der Waldschlößchenbrücke zu erwartenden Abgase werden Grenzwerte, die von der Europäischen Union festgelegt wurden, am Herzzentrum an der Fetscherstraße deutlich überschreiten. Das bestätigte das Umweltamt auf eine Anfrage des Stadtrates Thomas Blümel (Bürgerfraktion). In dem Schreiben heißt es, dass zwar der Jahresmittelwert nicht überschritten wird, aber die zulässige Anzahl an überschrittenen Tagesmittelwerten.

Nach einem der Stadt vorliegendem Rechtsgutachten hat das Herzzentrum einen Anspruch auf die Einhaltung der Grenzwerte, wenn die Waldschlößchenbrücke in Betrieb genommen wird. Die Klinik kann also klagen.

Die Stadt muss dann Maßnahmen ergreifen, um die Einhaltung der lufthygienischen Grenzwerte zu garantieren. Für diese Planung ist das Landesamt für Umwelt und Geologie (LfUG) zuständig. Das will die Entscheidung, ob eine Luftreinhalteplanung für Dresden erforderlich ist, von den Messwerten des Jahres 2005 abhängig machen. Die allerdings finden am Schlesischen Platz und nicht an der Fetscherstraße statt. „Möglicherweise müssen dann Fahrverbote für Lkws ausgesprochen werden“, so Thomas Blümel. „Was den Sinn der Brücke wiederum in Frage stellt.“ Außerdem ist davon auszugehen, dass die Grenzwerte für die Luftreinhaltung weiter nach unten gesetzt werden.


10. November 2005 – Brücke statt Welterbe?

Von Thilo Alexe (Sächsische Zeitung)

Waldschlößchen. Sollen die Dresdner erneut über die Brücke abstimmen? Die Forderung steht bereits im Raum.

Die Debatte um die Waldschlößchenbrücke gewinnt weiter an Fahrt. Die PDS brachte gestern die Möglichkeit eines zweiten Bürgerentscheids ins Gespräch. Falls es tatsächlich zu der Situation komme, dass die Unesco dem Dresdner Elbtal wegen des Großprojekts den Welterbestatus aberkennen wolle, sollten die Dresdner erneut entscheiden können, sagte Fraktionssprecher André Schollbach. „Noch ist es aber nicht so weit“, fügte er hinzu. Er forderte die Stadt auf, mit der Unesco Kontakt aufzunehmen.

Die CDU geht ebenfalls in die Offensive. Im Zweifelsfall sei die Brücke wichtiger als der Welterbe-Titel, sagte der Bauexperte Klaus-Dieter Rentsch, der dem Fraktionsvorstand angehört. Die Elbquerung sei von den Dresdnern mit breiter Mehrheit per Bürgerentscheid beschlossen worden. Daran solle nicht gerüttelt werden.

Die Grünen dagegen sehen den Welterbe-Titel auch als Wirtschaftsfaktor. „Reisen zu Betonbrücken gibt es jedenfalls nachweislich nicht – im Gegensatz zu Welterbe-Reisen, aus deren Programm Dresden bei Aberkennung des Titels schlicht gestrichen würde“, betonte Stadträtin Christiane Filius-Jehne, die auch Mitglied des Welterbe-Kuratoriums ist.

Das Rathaus bleibt unterdessen bei seiner Haltung. „Wir werden Daten nachliefern, wenn wir darum gebeten werden“, sagte Sprecher Kai Schulz. Die Unesco hatte in einem Brief an das Auswärtige Amt eine optische Darstellung der vierspurigen Brücke angemahnt. Baubeginn für das rund 150 Millionen-Euro-Projekt soll im März sein.


3. Mai 2006 – Ist eine neue Brücke nötig?

(Dresdner Neueste Nachrichten)
Die Waldschlößchenbrücke ist für eine Entlastung der Dresdner Innenstadtbrücken nicht mehr nötig. Das folgern die BündnisGrünen aus den Zählungen des Verkehrs im September der Jahre 2000, 2002, 2003 und 2005 im Vergleich mit der Prognose, die als Begründung für den Bau der umstrittenen Elbquerung herhalten muss.

Demnach ist der Belegungsrückgang auf der Augustusbrücke, der Carolabrücke und der Loschwitzer Brücke bereits jetzt schon höher als die berechnete Entlastung durch die Waldschlößchenquerung, erklärte Stephan Kühn, der verkehrspolitische Sprecher, gestern vor der Presse. Beispielsweise sei der Verkehr auf der Albertbrücke zwischen 2000 und 2005 um elf Prozent, auf der Loschwitzer Brücke sogar um 13 Prozent weniger geworden. „Und das trotz geringer Zunahme des Pkw-Bestandes und einer Zunahme der Attraktivität, mit dem Auto zu fahren“, sagte der Sprecher der Grünen.

„Inzwischen entfalten die zahlreichen fertig gestellten Verkehrsbaumaßnahmen ihre Wirkung“, gab Kühn einen Grund für diese Entwicklung an. Auch die Autobahn A17 trage ihren Teil zur Entlastung bei. Der gestiegene Kraftstoffpreis schrecke die Bürger zudem vom Fahren ab. Außerdem gebe es mehr Fahrradfahrer als früher.

Sogar die Reisegeschwindigkeiten hätten sich erhöht, so Kühn. Dazu müsse die demographische Entwicklung stärker beachtet werden. Es gebe immer mehr ältere Bürger in Dresden. Mit zunehmendem Alter ändere sich aber das Mobilitätsverhalten. Konkret: Es werde weniger Auto gefahren. Kühns Fazit: Die bestehenden Elbquerungen sind entlastet – bereits ohne die Waldschlößchenbrücke. Deshalb müsse – trotz Bürgerentscheid für den Bau – die Sachlage neu diskutiert werden, fordern die Grünen.

Die Stadt selbst konnte zu den Berechnungen und Folgerungen der BündnisGrünen keine Stellung nehmen. Der zuständige Mitarbeiter sei erst heute wieder da, hieß es gestern aus der Hauptabteilung Mobilität.

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3. Mai 2006 – Brücke neu ausschreiben?

Von Petra-Alexandra Buhl (Sächsische Zeitung)

Debatte. Die Grünen und die Bundeskammer der Architekten machen mobil gegen die Waldschlößchenbrücke.
Eine klare, einstimmige Absage erteilt die Bundesarchitektenkammer in Berlin dem Entwurf der Waldschlößchenbrücke. Das 23-köpfige Präsidium, das 12 0 000 Architekten vertritt, schließt sich dem kritischen Gutachten der Technischen Hochschule in Aachen an.

Ein weiterer Wettbewerb

„Wir gehören nicht zu denen, für die Weltkulturerbe Käseglocke oder Museum heißt“, sagt der Bundesgeschäftsführer Tillman Prinz. Brückenbau und Weltkulturerbe seien kein Widerspruch, beides sei möglich. „Dieses Stahlgerüst vor der Silhouette Dresdens können wir uns aber nicht vorstellen“, so Prinz.

Sowohl die Landschaftsarchitekten als auch die Tiefbauarchitekten in der Kammer hätten den Entwurf als „dramatisch schlecht“ eingeschätzt. Die Kammer führe nun Gespräche mit der Stadt und dem Freistaat. Ziel sei, beide davon zu überzeugen, dass „ein bundesweiter, gut vorbereiteter, qualifizierter Wettbewerb zur Waldschlößchenbrücke“ neu ausgeschrieben wird. Darin sollten Vorgaben und Kritik der Unesco berücksichtigt werden. Für die Planung der Waldschlößchenbrücke hat Dresden bereits 13 Millionen Euro ausgegeben. Der erste Wettbewerb 1997 kostete bereits 300 000 Mark.

Bündnis 90/Die Grünen legten gestern Zahlen vor, die belegen sollen, dass die Waldschlößchenbrücke gar nicht gebaut werden muss. Der verkehrspolitische Sprecher Stephan Kühn sagte, die Auslastungszahlen der Augustusbrücke, der Carolabrücke und der Loschwitzer Brücke seien so stark zurückgegangen, dass die entlastende Wirkung, die der Waldschlößchenbrücke zugeschrieben werde, bereits erreicht sei. Seit September sei dies der Stadtverwaltung bekannt. Zu jenem Zeitpunkt habe die Unesco erstmals Bedenken geäußert. Durch die demografische Entwicklung, die höheren Kraftstoffpreise und mehr Radfahrer in der Stadt sinke das Verkehrsaufkommen weiter. Die Brückenbefürworter müssten nun Alternativen vorlegen, mit denen das Weltkulturerbe erhalten wird, fordert Kühn.

Noch lange nicht überflüssig

Diese Zahlen kennen auch die Brücken-Befürworter. „Das macht die Waldschlößchenbrücke aber noch lange nicht überflüssig“, sagt Helfried Reuther (CDU). Wer etwas anderes als den derzeitigen Entwurf wolle, brauche einen Bürgerentscheid. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Stadtrat wäre dafür notwendig oder mindestens 60 000 Unterschriften von Bürgern.

Die nächste Brückendebatte deutet sich unterdesssen schon an: 25 Jahre soll das Blaue Wunder bei guter Pflege und Wartung laut Reinhard Koettnitz vom Tiefbauamt noch benutzt werden können. Dafür gibt die Stadt jährlich um die 134 000 Euro aus. Alle Ankerkammern seien inzwischen erneuert, der Stahl sei noch in Ordnung. Bald müsse allerdings das Scheitelgelenk ausgetauscht werden. „Weil in Dresden Brückendiskussionen ja sehr lange dauern, sollten wir uns bald Gedanken machen, wie es dort weitergeht“, so Koettnitz – und nebenbei das Blue Wunder pflegen, damit es noch lange durchhält.

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Anmerkung: In dieser Ansicht ist die Länge der geplanten Hochstraße über den Elbauen auf der rechtselbischen Seite gut erkennbar. Auf der linkselbischen Seite hätte die Hochstraße nochmals die gleiche Länge. – Rechts oben die Einfahrt auf der Neustädter Elbseite.


16. November 2007 – Diese Brücke zu verhindern ist Bürgerpflicht

Von Alan Posener (Die Welt)
Die üblichen Verdächtigen protestieren gegen den Bau der Waldschlösschenbrücke in den Dresdener Elbtalauen: Gutmenschen, Strickpullover- und Bedenkenträger. Man mag nicht für sie streiten, doch sie haben Recht. Abwasserrohre baut ja auch niemand durchs Wohnzimmer.

Natürlich geht es um viel mehr als nur um eine Brücke. An den Elbtalauen inszeniert die deutsche Romantik ihren Endkampf gegen die Zivilisation. Jedenfalls kann es auf den ersten Blick so scheinen. Dort das ganze nörgelnde, technikfeindliche, zukunftsängstliche Gutmenschentum, all die Strickpullover- und Bedenkenträger, all die Krötentunnelbauer und Denkmalschützer, die ihre Frustration und Feindschaft gegen alles Neue entladen im Kampf gegen eine simple Autobrücke. Hier die einfachen Bürger Dresdens, die in einem Volksentscheid ihren Willen demokratisch bekundet haben: Wir brauchen diese Waldschlösschenbrücke.

Überall das Genöle

Ach, was hat man das reflexartige Neinsagen satt! Ob bei der Startbahn West damals in Frankfurt oder beim Transrapid heute in München, beim Riesenbauprojekt „Stuttgart 21“ oder eben bei dieser Brücke zur Entlastung der Dresdener Innenstadt: Bedenken, Gutachten, Gerichte, Petitionen, Demonstrationen – und dazu das pretiöse Genöle der Feuilletonisten, die in Dresden gerade mal den Weg von der Semperoper zum Italiener auf den Brühl’schen Terrassen kennen, wo der Pinot Grigio wartet.

Die Versuchung ist groß, im Namen des Volkes eine Lanze für die Brücke zu brechen, die sich im großen Bogen über den Fluss werfen soll – vom Elbufer der Innenstadt kaum sichtbar: da sind ältere Brücken im Wege. Es geht aber nicht. Diese Brücke ist unvernünftig. Sie darf nicht gebaut werden.

Es geht nicht um die Unesco mit ihrer Drohung, dem Elbtal den Titel „Weltkulturerbe“ abzuerkennen, wenn die Dresdener ihre Brücke bekommen. Zu Recht fragen die Bürger, was man sich denn von dem Titel kaufen kann. Im Streit zwischen zweifelhaftem Völkerrecht und der Koalition der unwilligen Bürger hat das Bundesverfassungsgericht vor Monaten verkündet: Volkswille geht vor.

Der Preis für Schönheit

Es geht auch nicht um die Interessen der Kleinen Hufeisennase, einer bis vor kurzem selbst den meisten Umweltschützern unbekannten und völlig gleichgültigen Fledermausart. Ihr zuliebe, so hat es das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen diese Woche beschlossen, darf der Brückenbau nicht länger aufgehalten werden.

Gut so. Denn damit sind die Scheinargumente aus dem Weg. In Wirklichkeit geht es um das Verhältnis des Bürgers zu seiner Umgebung. Um den Preis, den man für Schönheit zu zahlen bereit ist. Um die Frage der Selbstachtung.

Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts lehnten die Dresdner Stadträte den Bau einer Fußgängerbrücke für Wanderer an dieser Stelle ab, und zwar wegen „Bedenken ästhetischer Art“. Die Stadt erwarb daraufhin die Wiesen am Waldschlösschen und erließ ein Bauverbot. Damals stand „Elbflorenz“ noch in voller Pracht; Schönheit hatte man im Überfluss, sie war nicht Mangelware wie heute. Es ging nicht um Fledermäuse oder die Unesco: man war sich einfach zu schade, sein Gefühl für die Schönheit zugunsten des Tourismus hintanzustellen.

Es geht doch um den Stolz der Landesregierung

Solche Rücksichten kannten weder Nationalsozialisten noch Kommunisten. Die Nazis planten 1937 hier eine Straßenbrücke, die SED eine achtspurige Quasi-Autobahnbrücke. Baubeginn sollte 1990 sein.

Geradezu verbissen kämpft nun seit Mitte der 1990er Jahre die sächsische Landesregierung für die Brücke – obwohl der Dresdner Stadtrat ursprünglich offengelassen hatte, ob die geplante Verkehrsverbindung, dessen Notwendigkeit kein Stadtplaner ernsthaft bezweifelt, als Brücke oder Tunnel verwirklicht werden sollte. Doch beim Volksentscheid wurden die Bürger nicht gefragt, ob sie eine Brücke oder einen Tunnel bevorzugten. Es hieß Brücke oder gar nichts. „Ihr seid mir scheene Demokraten“, wie der letzte sächsische König sagte.

Offensichtlich geht es hier nicht um die Sache, sondern um den Stolz der Landesregierung, die am einmal beschlossenen Vorgehen festhalten will. Einen Tunnel will sie nicht mitfinanzieren, obwohl Volkwin Marg von Deutschlands renommiertestem Architektenbüro Gerkan, Marg und Partner die Machbarkeit einer Tunnellösung, die nicht teurer wäre als die geplante Brücke, mit – kostenlos eingereichten – Gutachten belegt hat.

Lob der Hausbesetzer und Gutmenschen

In einem Schreiben an den Stadtrat hat Marg den sicher sehr lukrativen Auftrag, eine Studie für die geplante Brücke zu entwerfen, mit der Begründung zurückgegeben, er wolle sich nicht kompromittieren. Das sollte ein Weckruf sein. Es geht hier eben nicht um Technikfeindlichkeit versus Moderne, Unesco gegen Sachsen, Fledermäuse kontra Bürger.

Es geht darum, zwischen zwei technischen Lösungen jene zu wählen, die unaufdringlicher und schöner ist. In seiner Wohnung legt man ja auch die Leitungen unter Putz – und lässt sich das sogar etwas kosten. Abwasserrohre müssen sein, aber sie müssen nicht unbedingt durchs Wohnzimmer führen.
Vierzig Jahre lang hat die SED mit der Abrissbirne, der Platte, dem künstlichen Mangel und der gewollten, gigantomanen Hässlichkeit den ästhetischen Sinn ihrer Bürger abzutöten versucht.

Mit einigem Erfolg, muss man befürchten. Besserwessi-Überlegenheit ist allerdings fehl am Platz: Erst Gutmenschen und Hausbesetzer haben gegen die auto- und bürogerechte Stadt die Vorstellung von der Stadt und ihrer Umgebung als gute Stube eines neuen Bürgertums zum Durchbruch verholfen. Dialektik der Aufklärung: Vernunft und Zivilisation sind zuweilen auf der Seite der Romantiker. Diese Brücke zu verhindern ist Bürgerpflicht.


ADFC: Müssen Radfahrer als Begründung gegen Tunnel herhalten?

Nachdem die UNESCO den Standort und die Ausführung der geplanten Waldschlößchenbrücke kritisierte, fordern immer mehr Dresdner einen Tunnel als Alternative. Die Stadtverwaltung sträubt sich dagegen. Als Grund werden immer wieder die Radfahrer genannt. Diese durch einen Tunnel zu schicken wäre schlicht nicht möglich.

Falsch – wie der ADFC Dresden herausfand. In Deutschland gibt es zahlreiche Tunnel für den Radverkehr. So kann in unserer Partnerstadt Hamburg die Elbe im alten Elbtunnel unterradelt werden. Mit 1,2 Kilometer ist der Milseburg – Tunnel im Landkreis Fulda der längste Radverkehrstunnel Deutschlands. Es wäre also durchaus im Bereich des Möglichen, einen Tunnel auch für Radfahrer und Fußgänger zu bauen.

Dass die Gegner des Tunnels schlecht informiert sind, zeigen zahlreiche weitere Fahrradtunnel in ganz Europa. Ein Tunnel ist vielleicht nicht die angenehmste Art, auf die andere Flussseite zu kommen. Das Brückenprojekt ist aber kaum vorteilhafter. Zum Elbradweg führen Treppen – so hoch wie ein 5-stöckiges Wohnhaus.

Ob Brücke oder Tunnel, für Radfahrer wäre es besser, das Geld woanders einzusetzen. Unterhalt und Zinslast der Querung betragen ein Vielfaches des Radverkehrsetats. Das Geld wird dort fehlen, wo wir es brauchen: An Pflasterstraßen, Schlaglöchern, Netzlücken und Fahrradparkplätzen.