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12. März 2014 - Waldschlößchenbrücke: Entscheidung erst am 20. März

Am Ende eines langen Verhandlungstages, es war weit nach 18 Uhr, da stellte Wolfgang Bier die entscheidende Frage. „Was“, fragte der Vorsitzende Richter des 9. Senats am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, „was erwarten Sie eigentlich von unserem Urteil? Was soll geschehen, falls wir gravierende Mängel feststellen und den Planfeststellungsbeschluss für nicht vollziehbar erklären? Jetzt, da die Brücke nun einmal steht und der Verkehr über sie rollt? Soll dann etwa ein Sperrschild aufgestellt werden, bis der Beschluss nachgebessert wird?“

Der Vorsitzende richtete seine Frage an Martin Gellermann, Anwalt der Grünen Liga Sachsen. Und an Frank Fellenberg, der den Freistaat Sachsen vertritt. Beide hatten sich seit 9 Uhr in schöner Regelmäßigkeit bei jeder Frage des Senats widersprochen. Beide gaben auch auf die letzte Frage des Verhandlungstages verschiedene Antworten. „Ich habe mir die Frage so noch nicht gestellt“, bekannte Fellenberg. Um anzufügen: „Wenn neue Prüfungen stattfinden müssen, verbessern sich für uns die Werte wahrscheinlich.“ Bei den Planungen vor dem Brückenbau sei von 45000 Fahrzeugen täglich ausgegangen worden. Tatsächlich rollen aber gegenwärtig nur 25000 Autos pro Tag über die Waldschlößchenbrücke. „Entsprechend weniger Schadstoffe fallen an“, so Fellenberg.

„Wenn wir zwischen vollendeten Tatsachen und geltendem Recht entscheiden müssen“, erwiderte Gellermann, „dann erwarte ich, dass sich das Gericht für das Recht entscheidet.“ Es gehe bei der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss für die Brücke nicht in erster Linie um eine Vollsperrung oder gar um den Abriss. „Wir wollen, dass die Urteile vom Verwaltungsgericht Dresden und vom Oberverwaltungsgericht Bautzen aus der Welt kommen. Denn sie würden eine Breitenwirkung für viele Bauvorhaben entfalten. Wir wollen auch eine grundsätzliche Klärung vieler Rechtsfragen erreichen.“ Gellermann appellierte an den Senat, mehrere Fragen dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg zur Klärung vorzulegen. „Haben Sie den Mut, Europa anzurufen“, erklärte er in seinem Schlusswort.

Der Senat kann Luxemburg anru- fen, wenn er Widersprüche zwischen deutschem und europäischem Recht feststellt. Er muss dann allgemeine Rechtsfragen ohne Bezug auf die Waldschlößchenbrücke stellen und kann erst nach einer Antwort vom Europäischen Gerichtshof ein Urteil zur Dresdner Elbquerung fällen. „Wir werden sehr gründlich abwägen, ob wir Europa anrufen müssen“, versprach Bier. Der Senat kam gestern nicht mehr dazu, wie im Vorfeld der Verhandlung angekündigt, eine Entscheidung zu verkünden. Erst am 20. März werden die Verwaltungsrichter erklären, wie es mit der Brücke weitergeht.

„Alle wichtigen Fragen hat der Senat in unserem Sinn beantwortet“, meinte Fellenberg. Die Richter hätten nur noch höchst spezielle Rechtsfragen offengelassen. Mehrfach hatten Bier und seine Kollegen das Urteil des OVG vom Dezember 2011 kritisiert, mit dem die Klage der Grünen Liga verworfen worden war. Das aber ist normal für eine Revisionsverhandlung, in der sich ausschließlich mit den Knackpunkten eines Urteils auseinandergesetzt wird. Der Senat ließ sich nicht in die Karten blicken, in welche Richtung er entscheiden wird. Möglich sind eine Abweisung der Klage, aber auch eine Zurückverweisung nach Bautzen.

Thomas Baumann-Hartwig

Dresdner Neueste Nachrichten, 07. März 2014