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12. August 2010 - Erbe der Menschheit – Was haben Elb- und Rheintal gemeinsam?

Schmerzlich hat das Dresdner Elbtal den Verlust des Welterbetitels hinnehmen müssen. Anders als für den ehemaligen Ministerpräsident Georg Milbradt, war der Titel für die Mehrheit der Dresdner eben nicht „verzichtbar“. Aus diesem Grund fragen sich einige, weshalb die UNESCO im Rheintal anders entschieden hat.

Grundsätzlich kann man beide Orte nicht in allen Punkten miteinander vergleichen. Dresden ist eine Hauptstadt mit wunderschöner Natur- und Kulturlandschaft, die sich aus Elbe, Auen und der berühmten geschichtsträchtigen Stadtsilhouette zusammensetzt. Das Rheintal hingegen ist von steilen Hängen umgeben, in die sich kleine Ortschaften gesäumt von mittelalterlichen Burgen und Burgruinen einbetten. Durch den UNESCO-Titel wird das Bild der Rheinromantik unter Schutz gestellt. Wie am Rhein war auch in Dresden das Ziel, die Elbquerung der Landschaft optisch anzupassen, quasi kunstvoll in das Stadtbild zu integrieren. Stattdessen, wie Prof. Kunibert Wachten, Inhaber des Lehrstuhls und Instituts für Städtebau und Landesplanung der RWTH Aachen, sagte:  „Zerschneidet die Waldschlößchenbrücke den zusammenhängenden Landschaftsraum des Elbbogens an der empfindlichsten Stelle und teilt ihn irreversibel in zwei Hälften.“ Neben der mangelnden Kooperationsbereitschaft, die die Dresdner Stadtverwaltung und die sächsische Staatsregierung an den Tag legten, war es auch jenes vernichtende Urteil von Herrn Wachten, welches die UNESCO bei ihrer Entscheidung hinzuzog.

Derselbe Stadtplaner, der 2006 das Gutachten für die Waldschlößchenbrücke aus ästhetischen Gründen verwarf und 2005 die Kölner Hochhäuser in Sichtweite des Doms negativ einstufte, wurde für das Gutachten der Rheinbrücke beauftragt und er beurteilte die Brücke, welche 20km nördlich der Loreley gebaut werden soll, für „visuell akzeptabel“.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass es im Gegensatz zu Dresden mit 6 Brücken, einer Autobahn- und einer Eisenbahnbrücke, bei St. Goar auf ca. 85 km keine Brückenquerung gibt und dass die Fähren schon sehr alt sind. Auch haben die Brückenplaner am Rhein von Dresden gelernt, denn sie haben sich rechtzeitig mit der UNESCO auseinandergesetzt und scheinbar sehr geschickt mit ihr zusammen den Standort gesucht, geplant und dabei auch gleich eingeräumt, den doppelt so teuren Tunnel zu bauen, falls die Brücke nicht mit dem Weltkulturerbetitel vereinbar gewesen wäre. Die Querung soll etwa auf der Streckenmitte entstehen und der geschützten Landschaft angepasst werden. Der Standort wurde der Aussicht wegen noch ca. 5 km vom Felsen der Romantik abgerückt und ist schmal (mit nur 2 Spuren und Fuß- und Radweg) konzipiert worden, um die Schönheit der Landschaft nicht zu arg zu schmälern.

Im Vergleich zur Waldschlößchenbrücke mit einer erwarteten Verkehrsdichte von 65.000 Kfz/Tag, geht man bei der Rheinquerung von rund 6.000 Kfz/Tag aus und hofft auf ein Bremsen der Bevölkerungsabwanderung, sowie einen Wirtschaftszuwachs, gerade für die Steilhänge der Weinberge.

Von der Kostenseite aus gesehen, ist das Rheinprojekt mit gerade mal einem Viertel der Kosten veranschlagt, die bei der neuen Elbquerung bisher entstanden sind.
Mit dieser Entscheidung zeigt die UNESCO, dass sie sich keineswegs gegen den Fortschritt und die  bauliche Weiterentwicklung stellt. Vielmehr geht es darum, dass kulturträchtige Stätten und geschützte Landschaften nicht wild und unästhetisch bebaut und zerstört werden. Insbesondere zeigt die Entscheidung im Rheintal, dass Veränderungen in einer einmaligen Kulturlandschaft möglich sind, deren Schutz als „Erbe der Menschheit“ oberste Priorität hat. Mit vernünftiger Vermittlung zwischen Denkmalschutz, Naturschutz und Bürger-, sowie Wirtschaftsinteressen, können durchaus nützliche Tatsachen geschaffen werden.

Auf  Quo vadis, Dresden können Sie die Aachener Studien zum Elb- und Rheintal einsehen.