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14. Januar 2006 - Keine Alternative zu Tunnel als Elbquerung

Gunter Just: Keine Alternative zu Tunnel als Elbquerung (Dresdner Neueste Nachrichten, 14. Januar 2006)

Gunter Just ist Dresdner Dezernent für Stadtentwicklung und Bau a. D.

„Es ist ein bedauerlicher Nachteil von Basisdemokratie, dass eine manipulierte Masse nicht immer weitsichtige Entscheidungen fällt“, schreibt Herr Günter Heise in der Ausgabe vom 19./20. November 2005. Er formuliert dies zutreffend und, bezogen auf den Dresdner Bürgerentscheid, sehr zurückhaltend. Volksbefragungen setzen allumfassende und lückenlose Informationen voraus, denn nur der wissende Bürger wird urteilsfähig und vermag kluge Entscheidungen zu treffen. Diese Voraussetzung war in Dresden nie gegeben. Durch Medien und Parteien, durch freistaatliche Minister und städtische Entscheidungsträger, durch den ADAC und diverse Lobbyisten über Jahre intensiv einseitig pro Waldschlößchenbrücke ideologisiert, war die Aktivierung der mit Informationsdefiziten und deshalb wohl auch mit Blindheit geschlagenen Autofahrer-Fraktion folgerichtig.

Das Gros der Dresdner kennt offensichtlich nur das geplante Ärgernis über den Strom, nicht jedoch die beabsichtigte siebenmal längere Scheußlichkeit in Gestalt einer sichtbaren und sich über zirka 800 m erstreckenden gestelzten Hochstraße quer durch den an diesem Standort breitesten Elbraum mit seinen einmalig schönen Auen. Kein Plan, keine Darstellung und keine Visualisierung in den städtischen Unterlagen verdeutlichet diesen Frevel.

Die stadträumliche Fassung in Harmonie mit der landschaftlichen Einbettung, der Charme dieser anmutigen Landschaft selbst, begründen den Weltruhm unserer Stadt. Die sinnlich-visuell wahrzunehmende Erscheinungsform von Natur und Kulturraum verdichtete sich in Dresden zum Stadt-Landschaftsbild. Unsere noch atmenden Elbhänge, die Erlebbarkeit der Stadtsilhouette von den Hängen und der Blick aus der Stadt auf die Höhenzüge beidseits der Elbe belegen die gegenseitige Abhängigkeit. Weltkulturerbe eben.

Spätestens nachdem der Unesco die Schändung dieses geheiligten Stadtgemäldes (Guratzsch in „Die Welt“ vom 8. November 2005) durch den beabsichtigten Brückenbau bewußt wurde, sollte es selbst den hartleibigsten Brückenfetischisten dämmern, daß es zur Elbquerung am Waldschlößchen als Tunnel einschließlich Weltkulturerbe keine Alternative gibt.