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28. Mai 2013 - Kommentar zum Artikel in der Sächsischen Zeitung: „Der Elbhang braucht moderne Architektur“

Architektur ist ein Reizthema – besonders dort, wo sie jeder sofort bemerkt. Eine solche Gegend ist der Elbhang. Alf Furkert, Präsident der Sächsischen Architektenkammer, schildert im SZ-Gespräch die „neue Sachlichkeit“ und erzählt aus der Dresdner Traditionskiste. sz-exklusiv – Artikel hier


Ihr Artikel in der SZ zur Elbhangbebauung

Sehr geehrter Herr Furkert,

Laien:
Frauenkirche (Reformationstag 1989, Aufruf dafür), Palais Großer Garten (2000 Umstellung des Palais durch Tausende Dresdner, um es vor Schaden zu bewahren), WSB-Tunnel (Vorschlag 2002 mit den New-Yorker Friends of Dresden, um Dresden vor dem eingetretenen Schaden zu bewahren), das waren meine ureigensten Aktivitäten – als Laie auf dem Gebiet der Stadtentwicklung. Ich habe auch ein fast 800seitiges Buch – auch eine Laienarbeit – über Dresdner Geschichte geschrieben; es liegt u.a. im Bundesarchiv, in der SLUB, in der Deutschen Bücherei, im Dresdner Stadtarchiv, in der Biblioteca Apostolica Vaticana und in The Library of Congress etc. liegt; dass ich von einigen dieser Einrichtungen mit deren Empfangswunsch vorab angeschrieben wurde, macht den Laien stolz. Es geht da keineswegs um Architektur, nein, sondern es geht um das Selbstverständnis der Dresdner, auch das Selbstverständnis der Dresdner, sich für ihre Stadt zu engagieren.

Fachleute:
Ausdruck des Wirkens von Architekten sind für mich: die absolute Postplatzverunstaltung (Zwingernachbarschaft!), die Altmarkt-Südbebauung im Legostil, die absolute Ferdinandplatzverunstaltung (einst einer der tollsten Plätze der Stadt), die Treppe am Landhaus etc. etc. – alles hinterlassene Duftnoten der absoluten Vergänglichkeit von Gestaltern, die mit Dresden wenig am Hut hatten. Der großartigen Stadt ist weder durch die DDR-Verschandelung noch durch die Nachwende-Duftnoten bleibender Schaden entstanden, weil diese Stadt in der Lage ist, das mit ihrer allgemeinen Schönheit in Struktur und Lage zu kompensieren. Ich bin mit vielen bekannten Kunsthistorikern bekannt und teilweise befreundet. Aber ich kann auch mit (teilweise bedeutenden) Architekten Freunde nennen; bin also keineswegs architekturfeindlich. Nur das, was diese geschundene Stadt von 45-89 und auch danach erlebt hat, muss ein Ende haben!

Wissen Sie – natürlich wissen Sie es – weshalb Siena, Florenz, Venedig usw. im antiken Kern keine Neubauten zulässt!? Weil das Ensemble in seiner historischen Integrität nicht gestört werden soll. Der Titel „Welterbe Elbtal“ war genau das Ziel, dies für den beerbten Bereich zu erreichen. Doch es gab Kräfte, denen genau das nicht recht war. Sie müssen „amtsgebunden“ für das Bauen kämpfen. Genau so wie ein Zahnärztepräsident auf dentaler Ebene Unwägbarkeiten für die Kollegen einzuebenen versuchen muss. Wenn ich den architektonisch unangepassten Murks neben der Gipfelstation der Schwebebahn sehe, dann kommt mir der Gedanke, man hat die Städte und den Fluss verwechselt.

Ich habe vor Jahren auf der Calberlastraße die einstige Villa des Hofphotographen Römmler (mein Urgroßvater) ganz behutsam, unter denkmalpflegerischen Aspekten saniert. Stellen Sie sich vor, ich bekam keine Auflagen und zum Schluss einen anerkennenden Brief von Prof. Magirius (damals noch in Amt und Würden). Man wusste, dass ich alles tun werde, der historischen Struktur getreu zu agieren. Tun Sie das als Wissender (Architekt und Elbhanggeborener) auch! Der gesamte Hang sollte unter Neubauverbot gestellt werden. Ein kommunistischer Bauamtsleiter von Dresden sagte mir einmal: „Wenn wir nicht neu bauen würden (er meinte Gorbitz und Prohlis und war der Meinung, dass die gesamte Stadt nach und nach so umgestaltet würde), hausten wir heute noch in den Hütten der Urmenschen“. Dieses Niveau sollten wir überschritten haben. Die „Hütten“ der Gründerzeit und das viele Grün dazwischen – eine Einmaligkeit!

Mit freundlichen Grüßen
Günter Voigt